Umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage für die unternehmensfremde (private) Nut- zung von Elektrofahrzeugen, Hybridelektrofahrzeugen, Elektrofahrrädern und Fahrrä- dern sowie für die Überlassung von Elektrofahrrädern und Fahrrädern an Arbeitnehmer

Für die Besteuerung der unternehmensfremden (privaten) Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Elektrofahrzeuges, Hybridelektrofahrzeuges, Elektrofahrrades oder Fahrrades gilt Folgendes:

I.

Die unternehmensfremde (private) Nutzung eines dem Unternehmen vollständig zugeordne- ten Fahrzeugs ist unter den Voraussetzungen des § 3 Absatz 9a Nummer 1 UStG als unent- geltliche Wertabgabe der Besteuerung zu unterwerfen. Der Begriff Fahrzeug ist dabei gleich- zusetzen mit dem Begriff Kraftfahrzeug und umfasst damit auch Elektrofahrräder, die einer Kennzeichen-, Versicherungs- oder Führerscheinpflicht unterliegen.

Dabei kann – neben anderen Methoden zur Wertermittlung – von den für ertragsteuerliche Zwecke nach der sog. 1 %-Regelung (§ 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 EStG) ermittelten Beträ- gen ausgegangen werden, siehe Abschnitt 15.23 Absatz 5 UStAE. Für Zwecke der Einkom- mensteuer wird bei Elektro- und Hybridelektrofahrzeugen bei einer Anschaffung nach dem 31. Dezember 2018 nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 Nummer 1 bis 5 EStG unter be- stimmten Voraussetzungen der Bruttolistenpreis gemindert, insbesondere nur zur Hälfte oder

Postanschrift Berlin: Bundesministeriu m der Finanzen, 11016 Berlin

www.bundesfinanzministerium.de

Seite 2

nur zu einem Viertel angesetzt. Es handelt sich hierbei um eine ertragsteuerliche Regelung zur Steigerung der Elektromobilität und zur Reduktion des CO2-Ausstoßes.

Die Umsatzbesteuerung der Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstan- des für unternehmensfremde Zwecke bemisst sich grundsätzlich nach den durch die (private) Verwendung entstandenen Ausgaben des Steuerpflichtigen, soweit sie zum vollen oder teil- weisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. Bei der Ermittlung dieser Ausgaben ist eine Pau- schalierung zulässig, sofern sichergestellt ist, dass die „Pauschalierung in angemessenem Ver- hältnis zum Umfang der privaten Nutzung steht“ und damit dem Grundsatz der Verhältnismä- ßigkeit genügt (vgl. EuGH-Urteil vom 16. Februar 2012, C-594/10, T. G. van Laarhoven). Da der Vorsteuerabzug aus der Anschaffung eines Elektro- oder Hybridelektrofahrzeuges dem Unternehmer unter den übrigen Voraussetzungen in voller Höhe zusteht, würde eine Über- nahme der ertragsteuerlichen Regelungen über die zulässige Pauschalierung nach der sog.

1 %-Regelung hinaus aus umsatzsteuerlicher Sicht zu einer Begünstigung des Unternehmers führen, die den tatsächlichen Verhältnissen nicht entspricht. Sie ist daher nicht zu überneh- men.

II.

Für die unternehmensfremde (private) Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Fahrra- des gelten die nachfolgenden Ausführungen. Der Begriff Fahrrad umfasst dabei auch Elektro- fahrräder, die verkehrsrechtlich als Fahrrad (keine Kennzeichen-, Versicherungs- oder Führer- scheinpflicht) einzuordnen sind.

Auch die unternehmensfremde (private) Nutzung eines dem Unternehmen vollständig zuge- ordneten Fahrrades ist unter den Voraussetzungen des § 3 Absatz 9a Nummer 1 UStG als un- entgeltliche Wertabgabe der Besteuerung zu unterwerfen. Der Unternehmer kann die Bemes- sungsgrundlage für die Umsatzbesteuerung der unternehmensfremden Nutzung aus Vereinfa- chungsgründen hilfsweise nach der sog. 1 %-Regelung für Kraftfahrzeuge berechnen oder eine andere umsatzsteuerrechtlich zulässige Methode wählen. Die Fahrtenbuchmethode ist für ein Fahrrad nicht geeignet, da eine objektive Überprüfung anhand eines Tachometers nicht möglich ist.

Überlässt der Unternehmer (Arbeitgeber) seinem Personal (Arbeitnehmer) ein (Elektro-) Fahrrad auch zur privaten Nutzung, ist dies regelmäßig eine entgeltliche Leistung im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 1 Satz 1 UStG (Arbeitsleistung gegen Fahrradgestellung). Die Er- mittlung der Bemessungsgrundlage erfolgt nach § 10 Absatz 2 Satz 2 UStG. Grundsätzlich kann auch hier aus Vereinfachungsgründen die Bemessungsgrundlage hilfsweise nach der sog. 1 %-Regelung für Fahrräder (siehe Rn. 1 der gleich lautenden Erlasse der obersten Fi- nanzbehörden der Länder vom 9. Januar 2020, BStBl I S. 174) berechnet werden. Falls der

Seite 3

anzusetzende Wert des Fahrrades weniger als 500 € beträgt, wird es nicht beanstandet, wenn abweichend von dem Vorstehenden von keiner entgeltlichen Überlassung des Fahrrades aus- gegangen wird. In diesen Fällen ist keine Umsatzbesteuerung der Leistung an den Arbeitneh- mer erforderlich.

Aus den unter I. aufgeführten Gründen sind auch für (Elektro-)Fahrräder im Übrigen abwei- chende ertragsteuerliche Ansätze (z. B. nach § 3 Nummer 37 EStG oder § 6 Absatz 1 Num- mer 4 Satz 6 EStG) nicht für Zwecke der Umsatzsteuer zu übernehmen.

III.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 17. Januar 2022 – III C 2 –
S 7100/19/10002: 002 (2022/0031043), BStBl I S. xxx, geändert worden ist, wie folgt geän- dert:

  1. 1)  In der Inhaltsübersicht wird nach der Angabe „15.23. Vorsteuerabzug und Umsatzbesteuerung bei (teil-)unternehmerisch verwendeten Fahrzeugen“ die Angabe „15.24. Vorsteuerabzug und Umsatzbesteuerung bei (teil-)unternehmerisch verwendeten Fahrrädern“ eingefügt.
  2. 2)  Abschnitt 15.23 wird wie folgt geändert:
    1. a)  Nach der Überschrift „15.23. Vorsteuerabzug und Umsatzbesteuerung bei (teil- )unternehmerisch verwendeten Fahrzeugen“ wird die Zwischenüberschrift „Allgemeines“ eingefügt.
    2. b)  Absatz 1 wird wie folgt geändert:

aa) Vor den bisherigen Satz 1 wird folgender Satz 1 eingefügt:

„1Der Begriff Fahrzeug im Sinne dieses Abschnitts ist gleichzusetzen mit dem Begriff Kraftfahrzeug und umfasst damit auch Elektrofahrräder, die einer Kennzeichen-, Versicherungs- oder Führerscheinpflicht unterliegen.“

bb) Die bisherigen Sätze 1 bis 6 werden die neuen Sätze 2 bis 7.
c) Nach Absatz 1 wird die Zwischenüberschrift „Zuordnung zum

Unternehmen und Vorsteuerabzug“ eingefügt.

  1. d)  Nach Absatz 4 wird die Zwischenüberschrift „Unternehmensfremde

    (private) Nutzung durch den Unternehmer“ eingefügt.

  2. e)  Absatz 5 wird wie folgt geändert:

Seite 4

aa) In Satz 4 Nummer 1 wird das Wort „Kraftfahrzeuge“ durch das Wort „Fahrzeuge“ ersetzt.

bb) Satz 4 Nummer 1 Buchstabe a) Satz 2 wird wie folgt gefasst:

„2Für umsatzsteuerliche Zwecke sind die Sonderregelungen für Elektro- und Hybridelektrofahrzeuge nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Nr. 1 bis 5 EStG nicht anzuwenden.“

cc) Satz 4 Nummer 1 Buchstabe b) Satz 2 wird wie folgt gefasst:

„2Für umsatzsteuerliche Zwecke sind die Sonderregelungen für Elektro- und Hybridelektrofahrzeuge nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 Nr. 1 bis 5 EStG nicht anzuwenden.“

dd) In Satz 4 Nummer 2 wird das Wort „Kraftfahrzeuge“ durch das Wort „Fahrzeuge“ ersetzt.

ee) Satz 4 Nummer 2 Satz 3 wird wie folgt gefasst:

„3Für umsatzsteuerliche Zwecke sind die Sonderregelungen für Elektro- und Hybridelektrofahrzeuge nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 Nr. 1 bis 5 EStG nicht anzuwenden.“

  1. f)  In Absatz 8 Satz 3 wird das Wort „Firmenwagen“ durch das Wort „Firmenfahrzeuge“ ersetzt.
  2. g)  Absatz 11 Satz 2 wird wie folgt geändert:

aa) Nummer 1 Beispiel 1 wird wie folgt geändert:

aaa) In Satz 1 werden die Worte „einen sog. Firmenwagen“ durch die Worte „ein Firmenfahrzeug“ ersetzt.

bbb) In Satz 2 wird das Wort „Firmenwagenüberlassung“ durch das Wort „Firmenfahrzeugüberlassung“ ersetzt.

bb) Nummer 2 Satz 4 wird wie folgt gefasst:

„4Für umsatzsteuerliche Zwecke sind die Sonderregelungen für Elektro- und Hybridelektrofahrzeuge nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 Nr. 1 bis 5 EStG nicht anzuwenden.“

cc) In Nummer 2 Beispiel 2 Satz 1 werden das Worte „sog. Firmenwagen“ durch das Wort „Firmenfahrzeug“ ersetzt.

h) Absatz 13 wird gestrichen.
3) Nach Abschnitt 15.23 wird folgender Abschnitt 15.24 eingefügt:

Seite 5

„15.24. Vorsteuerabzug und Umsatzbesteuerung bei (teil-)unternehmerisch verwendeten Fahrrädern

(1) Die Regelungen in Abschnitt 15.23 gelten entsprechend auch für Fahrräder einschließlich Elektrofahrräder, die verkehrsrechtlich als Fahrrad (keine Kennzeichen-, Versicherungs- oder Führerscheinpflicht) einzuordnen sind, soweit nachfolgend nichts Anderes geregelt ist.

(2) 1Für umsatzsteuerliche Zwecke ist bei der unternehmensfremden (privaten) Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Fahrrades im Sinne von Absatz 1 durch den Unternehmer § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 6 EStG nicht anzuwenden. 2Der Anteil der unternehmensfremden Nutzung kann nicht durch ein Fahrtenbuch (Abschnitt 15.23 Abs. 5 Satz 4 Nr. 1 Buchstabe b) nachgewiesen werden. 3Der Unternehmer kann den Wert der unternehmensfremden Nutzung aus Vereinfachungsgründen hilfsweise nach der sog. 1 %-Regelung (Abschnitt 15.23 Abs. 5 Satz 4 Nr. 1 Buchstabe a) berechnen, wenn er nicht eine andere umsatzsteuerrechtlich zulässige Methode zur Wertermittlung gewählt hat.

(3) 1FürumsatzsteuerlicheZweckeistbeientgeltlicherÜberlassungeinesFahrradesim Sinne von Absatz 1 zu Privatzwecken des Personals (vgl. entsprechend Abschnitt 15.23 Abs.10 und11) §3 Nr.37 EStG nicht anzuwenden. 2Der Anteil der Nutzung für Privatzwecke des Personals kann nicht durch ein Fahrtenbuch (Abschnitt 15.23 Abs. 11 Satz 2 Nr. 2) nachgewiesen werden. 3Es wird aus Vereinfachungsgründen nicht beanstandet, wenn als Bemessungsgrundlage für die entgeltliche Nutzungsüberlassung monatlich 1 % der auf volle 100 € abgerundeten unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers, Importeurs oder Großhändlers im Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Fahrrades berücksichtigt wird (entsprechend Rn. 1 der gleich lautenden Ländererlasse vom 9. 1. 2020, BStBl I S. 174). 4Dieser Wert ist als Bruttowert anzusehen, aus dem die Umsatzsteuer herauszurechnen ist. 5Wenn der anzusetzende Wert des Fahrrades weniger als 500 € beträgt, wird es nicht beanstandet, wenn abweichend von dem Vorstehenden von keiner entgeltlichen Überlassung des Fahrrades ausgegangen wird. 6In diesen Fällen ist keine Umsatzbesteuerung der Leistung an den Arbeitnehmer erforderlich.“

IV.

Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.

Die Auswirkungen des EuGH-Urteils vom 20. Januar 2021, C-288/19, QM, auf die deutsche Verwaltungsauffassung werden derzeit noch mit den obersten Finanzbehörden der Länder er- örtert. Hierzu ergeht ggf. ein gesondertes BMF-Schreiben.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht. Im Auftrag